Lesezeit: ca. 4 Minuten

Irland Vor ein paar Tagen bat ich Annelie darum, einen Gastartikel für droessnitz.de zu schreiben. Sie sagte nicht nein, sondern freute sich, einen Beitrag zu leisten. Regelmäßige Leser dieser Seite wissen, dass Annelie die Weltreisende (Nr.1 & Nr.2) der Drößnitzer Einwohner ist. »Regen und mehr« (Blog existiert nicht mehr) ist der Name ihres eigenen Weblogs, auf dem sie in regelmäßigen Abständen über ihre Erlebnisse auf der grünen Insel schreibt. Und hier ist nun Annelies Artikel. (Übrigens kann man zu Vergrößerung der Bilder wieder auf die kleinen Bilder klicken.)

Ich bin nun fast zwei Jahre im Land des Guinness’, der Schafe, der grünen Wiesen, der höflichen Menschen, des Regens – aber auch im Land der Wirtschaftskrise (von der Irland weitaus mehr betroffen ist/war als Deutschland), der schmalspurigen löchrigen Straßen (abgesehen von der neuen Autobahn zwischen Galway und Dublin), mit einem uneffektiven Gesundheitssystem (welches das deutsche bravurös dastehen lässt) und weiterer Schönheitsfehler, wie stark chlorbelastetes Leitungswasser, schlecht isolierte, teils modrige Häuser und nichtexistierende Fahrradwege in einer Stadt, in der es tagtäglich zu Staus kommt (und bei der irischen Fahrweise auch zu vielen Unfällen mit Fahrradfahrern).

Aber ich bin schon wieder typisch Deutsch. Unsere irischen Studenten, die von einem Auslandsjahr in Deutschland zurückkehren, benennen dies oft als das deutsche Merkmal schlechthin: Wir denken, wir wissen immer alles besser und machen alles besser. Aber gerade in der Ferne merkt man deutlich, was man in Deutschland als gegeben voraussetzt und hier vermisst.

Werbung – (Interessant? Mit einem Klick droessnitz.de unterstützen)

In den zwei Jahren in Irland komme ich scheinbar nicht weiter in meinen Überlegungen und in meinem Wissen um die Iren und ihre Kultur, als ein Tourist, der das Land in einer Woche durchreist und ein paar Bücher zu Irland liest.

Oberflächlich ist hier alles Friede, Freude, Eierkuchen. Man gelangt aber schwierig zum Kern und zu tieferen ernsten Themen, über die wir Deutschen ja so gerne reden. Natürlich kommt man überall und mit jedem ins Gespräch. Dieses endet aber, nachdem man über Wetter, über Herkunft und den Grund, warum man hier ist, gesprochen hat.

Außerdem wird das Leben, auch wenn in einem fremden Land, irgendwann ordinär. Der touristische Blick verschwindet, man integriert sich, gewöhnt sich an Essen, Kleidungsstil, den Geschmack von Guinness und Whiskey und hohe Preise.

Ich hab mich gut integriert, würde ich behaupten (trinke auch ab und zu Guinness oder Whiskey). Es gefällt mir, gerade an einem Tag wie heute, den ich mit einem Schwimmgang im noch kalten Atlantik begann, wirklich hier. Es ist irischer Sommer – gefühlt, die Tage sind lang, die Pubs gefüllt mit Musik und vollen Gläsern und die Strände übersät mit viel zu roten Körpern (die Iren halten nicht viel von Sonne in Maßen oder Sonnencreme, wie mir scheint).

Und damit beende ich jetzt den ersten Eintrag, um selbst noch ein paar Sonnenstrahlen abzubekommen… man weiß nie, wann der nächste Regen kommt.

Viele Grüße an Drößnitz, wo es auch das ein oder andere Loch in der Straße gibt.

P.S. Falls jemand eine Frage hat, einen irischen Hut mitgebracht bekommen will oder das Rezept für Irish Stew möchte – meldet euch bei mir.

Für alle, die mehr erfahren möchten, empfehle ich das Buch »Gebrauchsanweisung für Irland« von Ralf Sotscheck – unbedingt lesen, eine liebenswürdige Einführung. Klassiker ist und bleibt Heinrich Böll und sein »Irisches Tagebuch«.